SATISFAKTION

Hannelore Honnen

SATISFAKTION

UA 2011: SATISFAKTION – Spengler/Walser/Benjamin
Stück von Hannelore Honnen (nominiert für den Theaterpreis 2011) Inszenierung: Joe Knipp.

Mit Mirjam Radovic, Celina Rongen und Signe Zurmühlen (nominiert für den PUCK 2011).

Denken an der Stange

„Philosophie af der Bühne? Das könnte spröde werden. Doch Hannelore Honnen hat Texte von Walter Benjamin, Oswald Spengler und Robert Walser bei der Uraufführung im Theater am Sachsenring elegant zu einer Collage montiert, die Joe Knipp klug und kurzweilig inszeniert.

Autorin Hannelore Honnen führt die drei Männer, die sich im wahren Leben nie trafen, zu einer fiktiven Begegnung zusammen, in der sie über Kunst, Religion, Technik, den Menschen, die Sprache und vieles mehr philosophieren – alle drei wollten der Welt mit Worten eine Form geben. Im Zentrum stehen Benjamins Essay „Über die Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen“ und Spenglers „Der Mensch und die Technik“. Texte von Robert Walser und knappe Dialoge ergänzen die klug und elegant montierte Collage, die mit einer Vorstellung jedes Denkers beginnt, was sinnvoll ist, denn ihre Texte haben heute wohl nur noch ein Spezialpublikum.

In Honnens Stück sind der Schriftsteller, der Philosoph und der Kulturhistoriker, die wir heute als würdige Herren im Kopf haben, noch jung, ringen um Anerkennung ihrer Texte – eben um „Satisfaktion“, folgerichtig also, dass die Darsteller ebenfalls jung sind. Joe Knipp ist allerdings noch einen Schritt weiter gegangen und hat drei Darstellerinnen ausgewählt, Signe Zurmühlen, Celina Rongen und Mirjam Radovic. Die Notwendigkeit für den Geschlechterwechsel erschließt sich zwar nicht, kann man aber vielleicht als Verneigung des Regisseurs vor drei jungen Talenten deuten, die, wie die dargestellten historischen Personen, noch einiges vor sich haben. (…) Jede ist in einer anderen Farbe gekleidet: Radovic alias Benjamin als blauer Marinesoldat, Zurmühlen als grüner, gediegener Jäger, Rongen als roter Student.

Auf der leeren Bühne steht ein Überseekoffer, liegen Bücher. Zwischendurch räkeln sich die Schauspielerinnen an Poledance-Stangen – wohl um zu zeigen, dass die drei Philosophen einen Überblick über die komplexe Welt zu bekommen suchten, oder auch, um ihren größtmöglichen Gegensatz zu erotischen, jungen Frauen anzudeuten. Doch auch die komplexe Philosophensprache wirkt auf der Bühne frisch und anziehend, wenn sie so gewandt gesprochen wird – die drei folgen den alten Herren auf ihren Höhenflügen. „Wir haben nicht das mindeste Talent, Andenken zu hinterlassen“, heißt es am Schluss. Stimmt nicht: „Satisfaktion“ ist eine kurzweilige, witzige und würdige Einladung, sich mit den Werken dieser etwas in den Hintergrund gerückten Denker zu beschäftigen.“

Dina Netz

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